Wirtschaftliche Auswirkungen
und Arbeitsplatzaspekte
beim Ausbau
des Frankfurter Flughafens
Stellungnahme zur Anhörung
des Hessischen Landtages
vom 10.-12. Mai 2000 in der
Rhein-Main-Halle Wiesbaden
_______________________________________________________________________
Prof. Dr.-Ing. Heinrich Beder
+
Ahornstrasse 33, 65933 Frankfurt a. M. / Deutschland(
+49-(0)69-381179 : +49-(0)69-38030130
Inhaltsangabe
1 |
Kurzfassung |
2 |
Allgemeines |
3 |
Die Wirtschaftsgutachten und ihre Bewertung |
3.1 |
Aufgabenstellung und Zielsetzung der Gutachten |
3.1.1 |
Gutachten W1/W2-G: |
3.1.2 |
Gutachten W3-G |
3.1.3 |
Gutachten W4-G |
4 |
Zur Qualitätssicherung der Gutachten |
5 |
Ergebnisse der Gutachten |
5.1 |
Zum Gutachten W1/W2-G: Einkommens- und Beschäftigungseffekte des Flughafens Frankfurt / Main - Status quo - Analysen und Prognosen |
5.1.1 |
Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte |
5.1.2 |
Ausgewählte Szenarien |
5.1.3 |
Vergleich der Beschäftigungsverhältnisse BRD / Hessen für 1999 u. 2010 (Multiplikatoren) |
5.1.4 |
Vergleich der Beschäftigungsverhältnisse BRD für 1999 u. 2010 (absolut) |
5.1.5 |
Vergleich der Einkommensverhältnisse BRD für 1999 u. 2010 (absolut) |
6 |
Gutachten W3-G: Zur regionalpolitischen Bedeutung von Großflughäfen |
7 |
Gutachten W4-G: Bedeutung des Flughafens Frankfurt a. M. als Standortfaktor für die regionale Wirtschaft |
7.1 |
Standorteffekte |
7.2 |
Ausgewählte Szenarien |
7.3 |
Das Modell "Wirtschaftliche Effekte" des Flughafens Frankfurt |
7.4 |
Ergebnisse zum Gutachten W4-G |
8 |
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse |
9 |
Anmerkungen zum Umgang mit den Ergebnissen |
Kurzfassung
·
Die wirtschaftlichen Wirkungen eines Flughafens beruhen auf seinen Wertschöpfungs-, Beschäftigungs- und Standorteffekten. Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte entstehen, weil der Flughafen selbst, aber auch dritte Unternehmen innerhalb und außerhalb des Flughafenzauns als Folge der Existenz des Flughafens für direkte, indirekte und induzierte Einkommen und Beschäftigungen sorgen. Standorteffekte entstehen, weil der Flughafen als wesentlicher Teil der Verkehrsinfrastruktur einer Region zu deren wirtschaftlichen Entwicklung insgesamt beiträgt, auch bei Unternehmen, die direkt nichts mit dem Flughafen zu tun haben.·
Die Quantifizierung dieser Effekte erfolgte im Rahmen der Mediation durch drei Gutachten:·
Die Gutachten entsprechen dem heutigen Stand der Wissenschaft bzw. beschreiten teilweise wissenschaftliches Neuland. Die Daten stammen zum größten Teil aus veröffentlichten, offiziellen Quellen. Ihre Verwendung erfolgte sachgemäß. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die Gutachten den durch die Mediation vorgegebenen Qualitätskriterien weitgehend entsprechen.·
In der Mediation wurden folgende Szenarien abschließend definiert:Szenario A: Ausbau mit voller Kapazität. Die Zahl der Flugbewegungen steigt entsprechend der Nachfrageentwicklung bis zum Jahre 2015 auf 660 000. Die Funktionen des Flughafens als Passagierdrehscheibe und für den Frachtverkehr werden gegenüber 1998 ausgebaut.
Szenario B: Ausbau mit begrenzter Kapazität. Die Zahl der Flugbewegungen nimmt bis 2015 auf 560 000 zu. Die Funktionen des Flughafens im Passagier und Frachtverkehr werden fast voll erfüllt, wachsen gegenüber 1998 infolge des Kapazitätsengpasses nur beschränkt.
Szenario C: Kapazitätsoptimierung ohne Ausbau. Die Zahl der Flugbewegungen steigt bis 2015 auf 500 000. Die Funktion als Passagierdrehscheibe bleibt in begrenztem Umfang erhalten, der Frachtverkehr stagniert auf dem Niveau von 1998.
Szenario D: Reduktion der Kapazität. Die Zahl der Flugbewegungen sinkt bis 2015 auf 420 000 (Stand 1998). Die Funktion als Passagierdrehscheibe kann nur noch begrenzt erfüllt werden. Das Frachtaufkommen nimmt deutlich ab.
·
Bis auf Szenario A zeigen alle anderen Szenarien für die direkten, indirekten und induzierten Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte des Flughafens starke Arbeitsplatz- und Einkommensverluste. In der Größenordnung ähnliche Verluste entstehen für die Standorteffekte bei den in der Region tätigen Unternehmen.·
Die Konsolidierung und Übertragung der Ergebnisse der Gutachten auf die vorgegebenen Szenarien der Mediationsgruppe erfolgte in Abstimmung mit den Gutachtern. Die Beschäftigungsverluste insgesamt gegenüber einem Ausbau des Flughafens mit der erforderlichen Kapazität betragen zum Beispiel:
Beschäftigte in 2015 im Vergleich zu Szenario A "Vollausbau" |
Szenario B Ausbau mit begrenzter Kapazität |
Szenario C Optimierung der Kapazität ohne Ausbau |
Szenario D Reduktion der Kapazität |
Insgesamte Wirkungen ohne Kompensationseffekte*: mit Kompensationseffekte*: |
-64 000 -46 000 |
-153 000 -108 000 |
-249 000 -178 000 |
*Die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes für arbeitslos gewordene Mitarbeiter wurde als "Dämpfungsfaktor" berücksichtigt (mit und ohne Kompensationseffekte).
Die gesamten Wertschöpfungsverluste haben Größenordnungen bis in zweistellige Milliardenhöhe zur Folge.
·
Die oben genannten Gutachten basieren auf einer Modellierung der jeweiligen Fragestellung und zeigen Ergebnisse, wie sie sein könnten, wenn dieser Modellfall einmal eintreten würde. Eine Diskussion um Details im Rahmen der Fragestellungen und Vorgaben macht daher ebenso wenig Sinn, wie das Zahlenwerk der Gutachten - oftmals in pseudowissenschaftlicher Manie - zu kritisieren.·
Vielmehr macht ein souveräner Umgang mit den Größenordnungen der Ergebnisse und deren sinnvolle Einordnung in die Gesamtproblemstellung die Qualität der Schlußfolgerungen aus. Auch bei skeptischer Betrachtungsweise bleiben genügend Effekte wirtschaftlicher und beschäftigungsmäßiger Art übrig, um einen Ausbau des Frankfurter Flughafens aus ökonomischer Sicht zu rechtfertigen.·
Insbesondere die Frage der Arbeitsplätze ist in einer Region von Bedeutung, in der in anderen Industrien und Dienstleistungsbranchen Arbeitsplatzabbau stattgefunden hat und noch stattfinden wird. So gingen im Bereich der Chemie seit 1994 rund 8000 Arbeitsplätze und in der Fahrzeugindustrie rund 2000 Stellen verloren. Im Bereich der Banken - bisher eine der Stützen der Region - deuten sich zukünftig nennenswerte Arbeitsplatzverluste infolge von Konzentrationseffekten und des elektronischen Bankings an.·
Der Luftverkehr ist eine Wachstumsindustrie. Die Luftverkehrsdrehscheibe "Frankfurter Flughafen", die stetig in beträchtlichem Umfang Arbeitsplätze sicherte und neue schaffte, ist deswegen auch zukünftig nicht hoch genug in ihrer Bedeutung für die Region einzuschätzen.
Allgemeines
Mit Schreiben des Präsidenten des Hessischen Landtages vom 5. April 2000 wurde der Verfasser der folgenden Stellungnahme eingeladen, als Sachverständiger an der Anhörung zum Frankfurter Flughafen am 10.-12. Mai 2000 in der Rhein-Main-Halle Wiesbaden teilzunehmen und sich schriftlich und mündlich zu den Fragen der wirtschaftlichen Auswirkungen und Arbeitsplatzverhältnisse beim Ausbau des Frankfurter Flughafens zu äußern.
Die wirtschaftlichen Wirkungen eines Flughafens beruhen im Wesentlichen auf seinen Wertschöpfungs-, Beschäftigungs- und Standorteffekten. Im Auftrag des Arbeitskreises "Ökonomie" wurden zu diesen Themen daher durch verschiedene Institutionen drei Gutachten erstellt, die sich mit diesen Effekten des Frankfurter Flughafens befassten. Es sind dies die Gutachten
Der Verfasser der folgenden Stellungnahme war als Qualitätssicherer im Rahmen des Mediationsverfahrens zu diesen Themen tätig und hat dazu entsprechende schriftliche und mündliche Einlassungen an die Mediationsgruppe abgegeben.
Einkommens- und Beschäftigungseffekte des Flughafens Frankfurt / Main - Status quo - Analysen und Prognosen.
Durch eine vergleichende Analyse nationaler und internationaler Studien, durch eine sozio-demographische und ökonomische Strukturanalyse sowie durch eine Befragung der Betriebe auf dem Flughafen und flughafenaffiner Unternehmen im Umland sind Effekte untersucht worden, die von der Wertschöpfung und Arbeitsplatzwirkung des Flughafens auf die Region ausgehen.
Durch Vorleistungsbezüge entstehen außerdem Produktions- und Beschäftigungseffekte bei Zulieferern (indirekte Effekte) und insgesamt durch die Einkommen Konsumausgaben (induzierte Effekte), welche bei alternativen Entwicklungsszenarien des Flughafens quantifiziert wurden. Das gesamte Gutachten W1/W2-G setzt sich aus drei Teilen zusammen:
Bedeutung von Flughäfen für Struktur und Entwicklung der regionalen Wirtschaft - ein europäischer Vergleich.
Die Untersuchung sollte einen Vergleich oberzentraler Verflechtungsregionen mit einer Flughafeninfrastruktur, die die Funktion eines Drehkreuzes erfüllt, mit Regionen ohne diese Flughafenfunktion durchführen. Es sollten dabei typische Branchencluster mit einer hohen Flughafenaffinität und die damit verbundenen Beschäftigungseffekte identifiziert und ein Vergleich auf europäischer Ebene durchgeführt werden. Es war dabei nach Passagier-, Fracht- und Charteraufkommen bei der Einschätzung der Bedeutung der Flughäfen und deren Auswirkungen zu differenzieren.
Bedeutung des Flughafens Frankfurt a. M. als Standortfaktor für die regionale Wirtschaft.
Da Funktionsänderungen des Flughafens für die Unternehmen Auswirkungen auf deren Wachstum und Standortentscheidungen haben, wurden Produktivitätseffekte der Luftverkehrsanbindung für die flughafennutzende Wirtschaft bei alternativen Annahmen zur zukünftigen Entwicklung des Flughafens ermittelt. Bei diesem Gutachten wurde methodisches Neuland beschritten. Vergleichbare Studien zu anderen Flughäfen gibt es derzeit noch nicht.
Zur Qualitätssicherung der Gutachten
Alle Gutachten wurden durch die Qualitätssicherung der Mediation (der Verfasser war neben anderen daran beteiligt) beurteilt. Die Gutachten entstanden unter erheblichen Zeitaufwand und wurden unter Einsatz umfangreicher Personalressourcen durch renommierte Institute erarbeitet. Das Augenmerk der Qualitätssicherung wurde besonders auf die von der Mediationsgruppe vorgegebenen übergeordneten Kriterien wie
gerichtet und insbesondere darauf geachtet, dass die Zielsetzungen der Auftraggeber eingehalten und die Ergebnisse und Schlußfolgerungen der Gutachten vertrauenswürdig und vollständig sind.
·
Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die Gutachten diesen Kriterien weitgehend entsprechen.
·
Bei Gutachten der vorliegenden Art mußte oftmals mit Schätzungen und Annahmen gearbeitet werden, weil direkt anwendbares statistisches Zahlenwerk oder Befragungsergebnisse teilweise fehlten. Datenlücken dieser Art sind ein Alltagsproblem bei empirischen Studien. Die Ermittlung von sog. "Missing Values" über Mittelwerte oder andere Verfahren ist in der Wissenschaft durchaus üblich. Eine nennenswerte Beeinträchtigung der Aussagen in ihrer Qualität und Quantität erfolgte dadurch nicht, da die Vorgehensweisen plausibel waren. Die in den Analysen verwendeten Abschätzungen und Annahmen sind insgesamt akzeptabel.
·
Die Feststellungen zu den Prognosen und Entwicklungen im weltweiten Luftverkehr sind zutreffend und im Rahmen ihrer Bandbreite realistisch und ziehen die bekanntesten Aussagen mit ein. Dem Verfasser sind keine Studien bekannt, die einen Rückgang der Luftverkehrsnachfrage zum Inhalt hätten. Die statistischen Aussagen und Kennzahlen zum Frankfurter Flughafen und zu Konkurrenzflughäfen decken sich mit denjenigen, die dem Verfasser bekannt sind.
Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte entstehen, weil der Flughafen selbst, aber auch dritte Unternehmen innerhalb und außerhalb des Flughafenzauns als Folge der Existenz des Flughafens für Einkommen und Beschäftigung sorgen. Hier unterscheidet man in direkte, indirekte und induzierte Effekte.
Direkte ökonomische Einflüsse (Geldausgaben, Arbeitsplätze) stammen aus der unmittelbaren wirtschaftlichen Betätigung der auf dem Flughafen ansässigen Unternehmen, Betriebe und Dienststellen. Die von den direkt am Flughafen angestellten Beschäftigten erzielten Einkommen sowie die von den dort ansässigen Unternehmen erwirtschafteten Gewinne und geleisteten Steuerzahlungen bilden die direkte Wertschöpfung.
Indirekte volkswirtschaftliche Einflüsse entstehen, wenn Dienst- und Sachleistungen für den Bau, Betrieb und Unterhalt des Flughafens zusätzlich von außen (von Dritten) bezogen werden müssen. Auftragnehmer außerhalb des Flughafengeländes (Großfirmen, mittelständische Unternehmen, Handwerksbetriebe sowie Einzelpersonen aus den verschiedenen Produktions- und Dienstleistungsbranchen) produzieren dafür Leistungen der unterschiedlichsten Art. Die so durch die Existenz des Flughafens ausgelösten Beschäftigungen und Wertschöpfungen bei Dritten außerhalb des Flughafens stellen die indirekten Einflüsse dar.
Von induzierten Einflüssen spricht man dann, wenn infolge der direkten und indirekten Verdienstmöglichkeiten Geldausgaben - meistens auf dem Konsumsektor - erfolgen, die wiederum Verdienst und Arbeitsplätze sichern, bzw. schaffen. So z. B., wenn ein Flughafenmitarbeiter einen Teil seines ersparten Verdienstes dazu verwendet, um Verbrauchsgüter in der Region zu kaufen. Die Mitarbeiter der im Umland dadurch begünstigten Geschäfte und Firmen sind nun ihrerseits wiederum in der Lage, aufgrund ihres gesicherten Einkommens selbst Geld auszugeben, was erneut günstige ökonomische Wirkungen erzeugt. Unter induzierten volkswirtschaftlichen Auswirkungen versteht man also die Zunahme von Einnahmen und Beschäftigungen als Ergebnis von Ausgaben, die ihrerseits wieder die Folge direkter und indirekter Wertschöpfungen sind.
Dieser Effekt setzt sich in einem vielstufigen Prozeß mehrfach fort und wird Multiplikatoreffekt genannt. Er schwächt sich dabei in seiner ökonomischen Wirkung ab, je öfter er zum Tragen kommt. Steuern und Abgaben, die in diesem Leistungsprozeß anfallen, haben ebenfalls einen induzierenden Einfluß.
Sogenannte Multiplikatoren messen diese Wertschöpfungsprozesse und die Auswirkungen auf die Arbeitsplätze, die in dem jeweils untersuchten Gebiet erfolgen bzw. erzeugt werden. Je nach gewählter Größe des Einflußbereiches Hessen oder Bundesrepublik, dem zugrunde gelegten Entwicklungsszenario des Flughafens und dem Zeitraum 1999 bzw. 2010 entstehen unterschiedliche Einflüsse.
Insgesamt waren 5 Szenarien dem Gutachten W1/W2-G zugrunde gelegt worden:
Szenario 1: Marktgerechter Anstieg der Flugbewegungen (keine Kapazitätsengpässe).
Szenario 2: Festschreibung des Status quo (1998: 416.000 Flugbewegungen).
Szenario 3: Verlust der Drehkreuzfunktion (Rückgang der Umsteigerzahlen auf weniger als 50 %).
Szenario 4: Verlust der derzeitigen europäischen Spitzenposition im Cargo-Bereich (Rückgang der reinen Cargo-Flüge auf weniger als 50 %; Verlust der kurzfristigen interkontinentalen Gütertransporte).
Szenario 5: Rückgang auf 300.000 Flugbewegungen.
In den folgenden Ausführungen zu den Kapiteln 5.1.3, 5.1.4 und 5.1.5 bezüglich Multiplikatoren, den Beschäftigungsverhältnissen und den Wertschöpfungen für die BRD und Hessen sind diese ursprünglichen 5 Szenarien zugrunde gelegt. Da sie nicht mit den durch die Mediationsgruppe endgültig festgelegten, in der Diskussion "gewachsenen" 4 Szenarien übereinstimmen, wurden die Ergebnisse des Gutachtens abschließend auf diese abgebildet (siehe Kapitel 8 "Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse ").
Für die Entwicklung der Einkommens- und Beschäftigungsverhältnisse in der BRD und in Hessen wurde eine untere, mittlere und obere Produktivitätsentwicklung im Gutachten angenommen. Für die folgenden Tabellen wurde die mittlere Produktivitätsvariante ausgewählt. Die Multiplikatoren sehen dafür wie folgt aus:
Vergleich der Beschäftigungsverhältnisse BRD / Hessen für 1999 u. 2010 (Multiplikatoren) |
||||||
Multiplikator Beschäftigung |
||||||
Szenario |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
|
BRD |
1999 |
1,76 |
1,73 |
1,73 |
1,74 |
1,72 |
BRD |
2010 |
1,67 |
1,47 |
1,56 |
1,52 |
1,34 |
Zu-/Abnahme: |
1999/2010 |
-0,09 |
-0,26 |
-0,17 |
-0,22 |
-0,38 |
Hessen |
1999 |
1,12 |
1,10 |
1,11 |
1,10 |
1,10 |
Hessen |
2010 |
1,05 |
0,91 |
0,99 |
0,95 |
0,84 |
Zu-/Abnahme: |
1999/2010 |
-0,07 |
-0,19 |
-0,12 |
-0,15 |
-0,26 |
Vergleich der Einkommensverhältnisse BRD / Hessen für 1999 u. 2010 (Multiplikatoren) |
||||||
Multiplikator Einkommensverhältnisse |
||||||
Szenario |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
|
BRD |
1999 |
2,45 |
2,41 |
2,41 |
2,42 |
2,40 |
BRD |
2010 |
2,60 |
2,32 |
2,44 |
2,38 |
2,12 |
Zu-/Abnahme: |
1999/2010 |
0,15 |
-0,09 |
0,03 |
-0,04 |
-0,28 |
Hessen |
1999 |
1,34 |
1,32 |
1,32 |
1,32 |
1,31 |
Hessen |
2010 |
1,40 |
1,24 |
1,30 |
1,28 |
1,14 |
Zu-/Abnahme: |
1999/2010 |
0,06 |
-0,08 |
-0,02 |
-0,04 |
-0,17 |
Die maximale Bandbreite der Multiplikatoren beträgt somit:
Das bedeutet, daß für jeden direkten Arbeitsplatz am Flughafen im Umland Beschäftigungseffekte - je nach Zeitraum, Einzugsbereich und Szenario - von ein bis zwei zusätzlichen Arbeitsplätzen entstehen (gerundet). Jede direkt am Flughafen ausgegebene DM erzeugt in der betrachteten Region zusätzlich zwischen 1,14 und 2,60 DM.
Vergleicht man dagegen die Multiplikatoren für die Beschäftigungs- und Einkommensverhältnisse im jeweils gleichen Einzugsbereich BRD oder Hessen und gleichen Zeitraum 1999 oder 2010, so verändern sich diese von Szenario 1 bis Szenario 5 nur relativ marginal (z. B. Beschäftigungsmultiplikator BRD 1999 zwischen 1,76 und 1,72). Sie verlassen also nicht wesentlich die Größenordnung ihrer Werte.
Multiplikatoren sind daher kein geeigneter Maßstab für die Interpretation der Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch die unterschiedlichen Szenarien, sondern besitzen nur Aussagekraft für ihr jeweilig betreffendes Szenario!
Studien zu anderen Flughäfen zeigen bezüglich der Multiplikatoreffekte in der Bandbreite vergleichbare Größenordnungen.
Um sich ein zutreffenderes Bild über die Größenordnung der Änderungen zum Beispiel für die Beschäftigungsverhältnisse zu verschaffen, muß deshalb von den absoluten Einkommens- und Beschäftigungsverhältnissen ausgegangen werden. Für die mittlere Produktivitätsvariante sehen sie wie folgt aus:
Vergleich der Beschäftigungsverhältnisse BRD für 1999 u. 2010 |
||||||
Direkt |
Szenario |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
BRD |
1999 |
63650 |
61460 |
60140 |
61080 |
59620 |
BRD |
2010 |
88580 |
56340 |
48040 |
52900 |
42510 |
Zu-/Abnahme: |
1999/2010 |
24930 |
-5120 |
-12100 |
-8180 |
-17110 |
indirekt |
Szenario |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
BRD |
1999 |
54420 |
51460 |
50300 |
51330 |
49640 |
BRD |
2010 |
71700 |
38960 |
35730 |
38100 |
26210 |
Zu-/Abnahme: |
1999/2010 |
17280 |
-12500 |
-14570 |
-13230 |
-23430 |
Induziert |
Szenario |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
BRD |
1999 |
57730 |
54970 |
53690 |
54740 |
53090 |
BRD |
2010 |
76590 |
43940 |
39040 |
42250 |
30890 |
Zu-/Abnahme: |
1999/2010 |
18860 |
-11030 |
-14650 |
-12490 |
-22200 |
Total BRD |
61070 |
-28650 |
-41320 |
-33900 |
-62740 |
Vergleich der Beschäftigungsverhältnisse Hessen für 1999 u. 2010 |
||||||
Direkt |
Szenario |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
Hessen |
1999 |
57970 |
55960 |
54830 |
55650 |
54310 |
Hessen |
2010 |
80660 |
51300 |
44160 |
48390 |
38820 |
Zu-/Abnahme: |
1999/2010 |
22690 |
-4660 |
-10670 |
-7260 |
-15490 |
indirekt |
Szenario |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
Hessen |
1999 |
43570 |
41210 |
40810 |
41170 |
39850 |
Hessen |
2010 |
56400 |
30510 |
28960 |
30290 |
20820 |
Zu-/Abnahme: |
1999/2010 |
12830 |
-10700 |
-11850 |
-10880 |
-19030 |
Induziert |
Szenario |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
Hessen |
1999 |
21330 |
20300 |
19930 |
20230 |
19620 |
Hessen |
2010 |
28570 |
16420 |
14650 |
15890 |
11690 |
Zu-/Abnahme: |
1999/2010 |
7240 |
-3880 |
-5280 |
-4340 |
-7930 |
Total Hessen |
42760 |
-19240 |
-27800 |
-22480 |
-42450 |
Bis auf Szenario 1 zeigen alle anderen Szenarien für die Beschäftigungseffekte für die BRD und Hessen zwischen 1999 und 2010 zum Teil stark rückläufige Werte. Dies ist prinzipiell auch für den Status quo (Szenario 2) der Fall, da er auf Dauer nicht zu halten ist.
Insgesamt besteht im Jahre 2010 für den Einzugsbereich BRD zwischen Szenario 1 (Deckung der Luftverkehrsnachfrage) und 5 (Rückgang auf 300 000 Flugbewegungen) ein maximaler Unterschied von rund 123 000 Arbeitsplätzen (Saldo aus + 61070 und - 62740 Arbeitsplätzen), für Hessen ein solcher von rund 85 000 Arbeitsplätzen (Saldo aus + 42760 und - 42450 Arbeitsplätzen).
Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Einkommensverhältnisse auf der Basis der mittleren Produktivitätsvariante:
Vergleich der Einkommensverhältnisse BRD für 1999 u. 2010 |
||||||
Direkt |
Szenario |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
BRD |
1999 |
3761,98 |
3620,46 |
3541,00 |
3599,54 |
3506,69 |
BRD |
2010 |
5813,62 |
3638,92 |
3112,39 |
3430,12 |
2735,90 |
Zu-/Abnahme: |
1999/2010 |
2051,64 |
18,46 |
-428,61 |
-169,42 |
-770,79 |
indirekt |
Szenario |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
BRD |
1999 |
4332,69 |
4096,58 |
3997,43 |
4084,50 |
3949,28 |
BRD |
2010 |
7211,87 |
3915,57 |
3566,37 |
3815,59 |
2622,08 |
Zu-/Abnahme: |
1999/2010 |
2879,18 |
-181,01 |
-431,06 |
-268,91 |
-1327,20 |
Induziert |
Szenario |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
BRD |
1999 |
4867,57 |
4634,26 |
4526,21 |
4615,44 |
4475,88 |
BRD |
2010 |
7876,64 |
4519,27 |
4014,60 |
4345,57 |
3176,85 |
Zu-/Abnahme: |
1999/2010 |
3009,07 |
-114,99 |
-511,61 |
-269,87 |
-1299,03 |
Total BRD |
7939,89 |
-277,54 |
-1371,28 |
-708,20 |
-3397,02 |
Vergleich der Einkommensverhältnisse Hessen für 1999 u. 2010 |
||||||
Direkt |
Szenario |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
Hessen |
1999 |
3430,86 |
3302,13 |
3233,59 |
3284,72 |
3199,43 |
Hessen |
2010 |
5441,55 |
3409,47 |
2943,08 |
3229,74 |
2570,25 |
Zu-/Abnahme: |
1999/2010 |
2010,69 |
107,34 |
-290,51 |
-54,98 |
-629,18 |
indirekt |
Szenario |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
Hessen |
1999 |
2452,89 |
2311,83 |
2277,52 |
2309,66 |
2230,88 |
Hessen |
2010 |
4124,17 |
2198,41 |
2030,35 |
2174,18 |
1484,29 |
Zu-/Abnahme: |
1999/2010 |
1671,28 |
-113,42 |
-247,17 |
-135,48 |
-746,59 |
Induziert |
Szenario |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
Hessen |
1999 |
2143,71 |
2039,75 |
2002,84 |
2032,99 |
1971,67 |
Hessen |
2010 |
3508,98 |
2016,51 |
1799,87 |
1951,36 |
1436,38 |
Zu-/Abnahme: |
1999/2010 |
1365,27 |
-23,24 |
-202,97 |
-81,63 |
-535,29 |
Total Hessen |
5047,24 |
-29,32 |
-740,65 |
-272,09 |
-1911,06 |
Für den Einzugsbereich BRD entsteht zwischen Szenario 1 (Deckung der Luftverkehrsnachfrage) und 5 (Rückgang auf 300 000 Flugbewegungen) im Jahre 2010 ein Unterschied von rund 11 Milliarden DM und für Hessen ein solcher von 7 Milliarden DM (Maximalbetrachtung).
Gutachten W3-G: Zur regionalpolitischen Bedeutung von Großflughäfen.
Für den internationalen Bereich ergaben sich folgende qualitative Aussagen:
·
In Europa existieren in allen Ländern unabhängig davon, ob der Staatsaufbau als föderalistisch oder als zentralistisch zu kennzeichnen ist, jeweils ein überragendes Finanz- und Dienstleistungszentrum. Diese Zentren zeichnen sich nicht nur durch branchenspezifische Besonderheiten aus, sondern sind auch die Regionen mit dem höchsten Einkommen pro Kopf in dem jeweiligen Staat.
·
Diese Regionen verfügen über einen Flughafen, der national den ersten Rangplatz einnimmt und - bei den großen Staaten der EU - auch eine Drehkreuzfunktion im Luftverkehr erfüllt.
·
In den Regionen dieser Spitzengruppe findet man eine relativ ähnliche Ausprägung der Wirtschaftsstruktur vor.
·
Die Dynamik des regionalen Strukturwandels und die Arbeitsplatzentwicklung dieser Regionen unterscheiden sich deutlich von der entsprechenden Entwicklung in den Regionen, die über eine Flughafeninfrastruktur von geringerer Bedeutung verfügen.
Als Ergebnisse des nationalen Vergleichs wird festgehalten, dass Frankfurt im Vergleich zu den anderen deutschen Großstädten mit ebenfalls bedeutenden Flughäfen
·
durch eine höhere Intensität des Strukturwandels gekennzeichnet ist,
·
eine bessere Arbeitsplatzentwicklung aufweist,
·
auf der Ebene der Wirtschaftszweige Verdrängungseffekte zu Lasten des verarbeitenden Gewerbes, die auf den Flughafen zurückgeführtwerden können, nicht nachweisbar sind.
Die Ergebnisse der Untersuchungen zu den deutschen Flughäfen bieten für Fachleute indess nichts grundsätzlich Neues:
·
dass der Flughafen Frankfurt zu den drei Flughäfen in Westeuropa gehört, die über eine weltweite Bedeutung verfügen,
·
dass im Zeitverlauf Frankfurt seine Marktstellung beim Passagieraufkommen gegen die wichtigsten Wettbewerber halten konnte, Köln und insbesondere Amsterdam sich derzeit beim Frachtaufkommen jedoch besser entwickeln,
·
und dass mit München und unter Umständen mit dem neuen Großflughafen in Berlin Frankfurt im Zeitablauf auch national neue Wettbewerber erwachsen.
Insgesamt bestätigt das Gutachten also in vielen Punkten nur, was allgemein schon in der Öffentlichkeit bekannt ist.
Standorteffekte entstehen, weil der Flughafen als wesentlicher Teil der Verkehrsinfrastruktur einer Region zu deren wirtschaftlichen Entwicklung insgesamt beiträgt, auch bei Unternehmen, die direkt nichts mit dem Flughafen zu tun haben. Ziel der Untersuchung war es daher, die wirtschaftlichen Wirkungen verschiedener Angebotsstrategien für den Flughafen Frankfurt/Main zu ermitteln und zu quantifizieren:
·
Aus der hochwertigen Luftverkehrsanbindung, die die Region durch den Flughafen Frankfurt erfährt, entstehen für die Wirtschaft als Nutzer des Luftverkehrs Vorteile, die sich in einer besseren "Erreichbarkeit" darstellen.·
Diese Standorteffekte schlagen sich nieder in Produktivitätssteigerungen, Kostensenkungen, besseren Absatzmöglichkeiten und in Wertschöpfungseffekten für die Region aus der Standortentscheidung der Unternehmen.·
Die Standorteffekte des Flughafens sind ein wichtiger Maßstab für die Beurteilung der Entwicklungsoptionen des Flughafens. Der volkswirtschaftliche Wert des Flughafens für die Region liegt gerade in dieser Produktivitätswirkung für die Nutzer.·
Neben der unmittelbaren Beschäftigungswirkung aus der Leistungserstellung sind die Wachstums- und Beschäftigungseffekte, die aus verbesserten Produktions- und Absatzbedingungen für die Wirtschaft der Region entstehen, eine zusätzliche Rechtfertigung für den Flughafen.
Die quantitative Abschätzung der voraussichtlichen Wertschöfungs- und Beschäftigungseffekte bestimmter Entwicklungsszenarien mit Originaldaten für die Region Hessen, die IHK-Bezirke Mainz, Ludwigshafen, Mannheim und Aschaffenburg erfolgte für den zeitlichen Rahmen bis 2015.
Die zugrunde gelegten Szenarien waren:
·
Szenario A: Auf dem Flughafen Frankfurt/Main sind alle Kapazitätsengpässe behoben. Dies gilt sowohl für den Fracht- als auch für den Passagierverkehr.·
Szenario B: Der Flughafen Frankfurt verliert seine Drehkreuzfunktion (Hub). Dies hat zur Folge, daß durchschnittlich jeder 4. Flug an/ab Flughafen Frankfurt durch Umsteigevorgänge 2 1/2 Stunden länger dauert. Ferner wird die Taktdichte an/ab Flughafen Frankfurt bei häufig angeflogenen Zielen halbiert.·
Szenario C: Am Flughafen Frankfurt werden die Frachtflüge eingeschränkt. Dadurch verlängern sich die Liegezeiten der Fracht auf dem Flughafen. Dies hat zur Folge, daß sehr zeitkritische Güter (Güter, die über Nacht bzw. binnen 24 Stunden am Ziel sein müssen) nicht mehr ab/an Flughafen Frankfurt geflogen werden können.
Die Szenarien dieses Gutachtens sind teilweise anders definiert als im Gutachten W1/W2-G. Identisch sind das engpaßfreie Szenario, nicht identisch definiert sind die Szenarien für den Verlust der Drehkreuzfunktion und die Einschränkung der Frachtflüge am Frankfurter Flughafen. Da diese Szenarien, wie bereits schon bei dem Gutachten W1/W2-G, auch nicht mit den durch die Mediationsgruppe endgültig festgelegten 4 Szenarien übereinstimmen, wurden die Ergebnisse von W4-G abschließend ebenfalls auf diejenigen der Mediationsgruppe abgebildet (siehe auch Kapitel 8 "Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse ").
Diese unterschiedlich definierten Szenarien haben jedoch auf das Antwortverhalten der Unternehmen bei der Befragung keinen gravierenden Einfluß gehabt, da in allen Fällen ein merkbarer Angebotsverlust an Luftverkehrsanbindungen interpretierbar war und daraus die Konsequenzen wirtschaftlicher und beschäftigungsmäßiger Art in ähnlicher Größenordnung ableitbar waren.
Die Ergebnisse der Untersuchung liefern eine Aussage darüber, wie sich Wertschöpfung und Beschäftigung in der Untersuchungsregion bei unterschiedlichen Entwicklungsoptionen des Flughafens entwickeln werden. Ausgangspunkt der Modellierung sind die möglichen Anpassungen der Unternehmen auf eine veränderte Luftverkehrsanbindung. Diese können in folgenden Reaktionsblöcken zusammengefaßt werden:
·
Steigerung der Produktionskosten,·
Umsatzausfälle der Unternehmen,·
Standortverlagerungen der Unternehmen (auch Ausgliederung von Teilfunktionen),·
Anpassungen in den Produktions- und Vertriebsmethoden der Unternehmen, um wirtschaftliche Nachteile infolge von Einschränkungen der Luftverkehrsanbindung abmildern zu können.
Die Modellierung und Quantifizierung des Modells "Wirtschaftliche Effekte" des Flughafens Frankfurt auf die Wirtschaft und Region erfolgte mittels der Input-/Outputanalyse (Hessische Input-/Outputtabelle). Untersucht wurden die Kosten- und Absatzveränderungen sowie die Wertschöpfungsverluste durch Standortverlagerung bei eingeschränkter Luftverkehrsanbindung (Szenario B = Verschlechterung der Hubfunktion des Flughafens und C = Verschlechterung der Anbindungsqualität im Frachtverkehr). Referenz-Szenario war dabei A für einen engpaßfreien Ausbau. Zieljahr ist das Jahr 2015. Die Wirkungen sind direkter (katalytischer) und indirekter Natur. Bei der Untersuchung der Verlagerung von Teilfunktionen wurden neben Mitarbeiterverlagerungungen auch die Wanderung des eingesetzten Kapitals mit berücksichtigt. Gebundenes Kapital und die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes für arbeitslos gewordene Mitarbeiter sind als "Dämpfungsfaktoren" berücksichtigt (sog. Kompensationseffekte). Die Aufbereitung der Ergebnisse erfolgte nach Untersuchungsregionen und Branchenzugehörigkeit.
Da nur 12% der Unternehmen (etwa 20% der Erwerbstätigen repräsentierend) geantwortet haben, konnte aufgrund der unbekannten Grundgesamtheit der Erwerbstätigen nicht exakt berechnet werden, ob die Stichprobengröße selbst im statistischen Sinne auch repräsentativ ist. Es wurden daher durch Stichprobenbereinigung und Gewichtung der Daten (räumliche und sektoriale Verteilung, Betroffenheit in der Stichprobe) Repräsentativität hergestellt. Außerdem wurden Konfidenzintervalle ermittelt, die aussagen, mit welchem Sicherheitsgrad von den Stichprobendaten auf die Daten einer Grundgesamtheit geschlossen werden kann. Die untere Variante setzt die negativen Folgen einer Luftverkehrseinschränkung niedrig an. Neben einer mittleren Variante gibt eine obere Variante diese Einschränkung vergleichsweise hoch an.
Dieses Problem ist bei einer Vielzahl von empirischen Untersuchungen gegeben. Es stellt aber nach Meinung des Verfassers kein grundsätzliches Manko der Studie dar. Die Absicherung der Daten auf dem beschriebenen Weg erscheint ausreichend.
In der folgenden Tabelle wird zur Vereinfachung beispielhaft nur die mittlere Variante unter Einschluß von Kompensationseffekten gezeigt:
Zieljahr 2015 |
Szenario A |
Szenario B |
Szenario C |
|
|
Absolut Abweichung Absolut % |
Absolut Abweichung Absolut % |
Beschäftigte (x 1000) |
1.991,9 |
1.941,0 - 50,9 -2,6 |
1.963,1 - 30,6 - 1,5 |
Brutto- Wertschöpfung (Mrd. DM)
|
424,6 |
412,0 - 12,6 - 3,0 |
419,5 - 5,1 - 1,2 |
Im Vergleich zu einem Ausbau, der engpaßfreien Luftverkehr ermöglicht, resultieren aus einer Verschlechterung der Bedienungsqualität gemäß Szenario B die folgenden Effekte:
·
Rückgang der Beschäftigung um 50.900 (1.941.000 Beschäftigte statt 1.991.900 Beschäftigte). Dies entspricht einem Rückgang um 2,6%,·
Verringerung der Bruttowertschöpfung um 12,6 Mrd. DM (412 Mrd. DM statt 424,6 Mrd. DM). Damit sinkt die Bruttowertschöpfung im Vergleich zu Szenario A um 1,5%.
Eine Verschlechterung der Anbindungsqualität im Frachtverkehr gemäß Szenario C (zeitkritische Güter können nicht mehr an/ab Frankfurt geflogen werden) führt dem gegenüber zu geringeren wirtschaftlichen Auswirkungen:
·
Beschäftigungsverlust von 30.600 (1,961 Mio. Beschäftigte statt 1,992 Mio. Beschäftigte). Im Vergleich zu Szenario A sinkt die Beschäftigung um 1,5%.·
Rückgang der Bruttowertschöpfung um 5,1 Mrd. DM (419,5 Mrd. DM statt 424,6 Mrd. DM). Dies entspricht einem Rückgang um 1,2%.
Im Abschlußbericht der Mediation wurden nur noch die folgenden vier Szenarien berücksichtigt:
Szenario A: Ausbau mit voller Kapazität. Die Zahl der Flugbewegungen steigt entsprechend der Nachfrageentwicklung bis zum Jahre 2015 auf 660 000. Die Funktionen des Flughafens als Passagierdrehscheibe und für den Frachtverkehr werden gegenüber 1998 ausgebaut.
Szenario B: Ausbau mit begrenzter Kapazität. Die Zahl der Flugbewegungen nimmt bis 2015 auf 560 000 zu. Die Funktionen des Flughafens im Passagier und Frachtverkehr werden fast voll erfüllt, wachsen gegenüber 1998 infolge des Kapazitätsengpasses nur beschränkt.
Szenario C: Kapazitätsoptimierung ohne Ausbau. Die Zahl der Flugbewegungen steigt bis 2015 auf 500 000. Die Funktion als Passagierdrehscheibe bleibt in begrenztem Umfang erhalten, der Frachtverkehr stagniert auf dem Niveau von 1998.
Szenario D: Reduktion der Kapazität. Die Zahl der Flugbewegungen sinkt bis 2015 auf 420 000 (Stand 1998). Die Funktion als Passagierdrehscheibe kann nur noch begrenzt erfüllt werden. Das Frachtaufkommen nimmt deutlich ab.
Diese im Laufe der Diskussion der Mediationsgruppe "gewachsenen" 4 endgültigen Szenarien A-D unterscheiden sich teilweise sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich des gewählten Zeithorizontes von den in den Gutachten W1/W2-G zunächst definierten fünf und den drei im Gutachten W4-G genannten Szenarien. Sie mußten abschliessend daher zeitlich und inhaltlich zusammengeführt werden. Identisch war jeweils nur das Referenzszenario "Engpaßfreier Ausbau mit voller Kapazität".
Die entsprechenden Anpassungen in Form von Interpolationen und einer unteren, mittleren und oberen Abschätzung wurde für den Endbericht durch die HLT Gesellschaft für Forschung Planung Entwicklung mbH vorgenommen. Die Konsolidierung und Übertragung der Ergebnisse auf die Szenarien der Mediationsgruppe erfolgte in Abstimmung mit den Gutachtern. Um die Gutachten vergleichbar zu machen, wurden die induzierten Einflüsse aus den Beschäftigungswirkungen des Flughafens nicht berücksichtigt, da das Gutachten W4-G solche nicht enthält.
Auf eine Darstellung der Vorgehensweise wird hier aufgrund des Umfanges verzichtet und im folgenden nur die Endergebnisse für die Beschäftigung dargestellt. Die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes für arbeitslos gewordene Mitarbeiter wurde als "Dämpfungsfaktor" berücksichtigt (mit und ohne Kompensationseffekte). Die Ergebnisse sehen für eine mittlere Abschätzung wie folgt aus:
Beschäftigte in 2015 im Vergleich zu Szenario A "Vollausbau" |
Szenario B Ausbau mit begrenzter Kapazität |
Szenario C Optimierung der Kapazität ohne Ausbau |
Szenario D Reduktion der Kapazität |
Beschäftigungswirkungen des Flughafens (W2) |
-25 000 (nur direkte u. indirekte Effekte) |
-56 000 (nur direkte u. indirekte Effekte) |
-96 000 (nur direkte u. indirekte Effekte) |
Standorteffekte (W4) ohne Kompensationseffekte: mit Kompensationseffekte: |
-39 000 -21 000 |
-97 000 -52 000 |
-153 000 - 82 000 |
Insgesamt (W2 und W4) ohne Kompensationseffekte: mit Kompensationseffekte: |
-64 000 -46 000 |
-153 000 -108 000 |
-249 000 -178 000 |
Diese konsolidierten Zahlen decken sich in der Größenordnung mit denen aus den Originalgutachten W1/W2-G und W4-G. Ähnliche Betrachtungen könnte man zu den Wertschöpfungseffekten anstellen, deren Ergebnis Verluste bis in zweistellige Milliardenhöhe zur Folge hätten.
Die oben genannten Gutachten basieren auf einer Modellierung der jeweiligen Fragestellung und zeigen Ergebnisse, wie sie sein könnten, wenn dieser Modellfall einmal eintreten würde. Sie sind somit keine Vorhersage einer realen Zukunft - wie immer die auch aussehen würde - sondern nur eine denkbar mögliche.
Dieser Hinweis ist jedoch keine grundsätzliche Einlassung gegen die Aussagen und Ergebnisse der Gutachten!
Es soll damit nur gesagt werden, dass eine Diskussion um unterschiedlich gesehene Details im Rahmen der Fragestellungen und Vorgaben wenig Sinn hat. Es macht auch keinen Sinn, das Zahlenwerk der Gutachten - oftmals in pseudowissenschaftlicher Manie - zu kritisieren.
Vielmehr sind es der souveräne Umgang mit den Größenordnungen der Ergebnisse und deren sinnvolle Einordnung in die Gesamtproblemstellung, die die Qualität der Schlußfolgerungen am Ende ausmachen. Auch bei skeptischer Betrachtungsweise bleiben genügend Effekte wirtschaftlicher und beschäftigungsmäßiger Art übrig, um einen Ausbau des Frankfurter Flughafens aus dieser Sicht zu rechtfertigen.
Insbesondere die Frage der Arbeitsplätze ist in einer Region von Bedeutung, in der in anderen Industrien und Dienstleistungsbranchen Arbeitsplatzabbau stattgefunden hat und noch stattfinden wird. So gingen im Bereich der Chemie seit 1994 rund 8000 Arbeitsplätze und in der Fahrzeugindustrie rund 2000 Stellen verloren. Im Bereich der Banken - bisher eine der Stützen der Region - deuten sich zukünftig nennenswerte Arbeitsplatzverluste infolge von Konzentrationseffekten und des elektronischen Bankings an.
Der Luftverkehr ist eine Wachstumsindustrie. Die Luftverkehrsdrehscheibe "Frankfurter Flughafen", die stetig in beträchtlichem Umfang Arbeitsplätze sicherte und neue schaffte, ist deswegen auch zukünftig nicht hoch genug in ihrer Bedeutung für die Region einzuschätzen. Jede Bereederung einer Boeing 747 oder eines Airbus A 340 der Deutschen Lufthansa erfordert für Cockpit- und Kabinenpersonal, Technik und Abfertigung ca. 200 direkte qualifizierte Arbeitsplätze. Die Deutsche Lufthansa hat derzeit 64 neue Flugzeuge bestellt, davon 4 B 747 und 23 A340, die überwiegend von Frankfurt aus zum Einsatz kommen werden.
Die Gutachten entsprechen dem heutigen Stand der Wissenschaft bzw. beschreiten teilweise wissenschaftliches Neuland (W4-G). Die Daten stammen zum größten Teil aus veröffentlichten offiziellen Quellen. Ihre Verwendung erfolgte sachgemäß. Würde man die gleichen Fragestellungen heute noch einmal an andere Gutachter unter gleichen Voraussetzungen und Prämissen vergeben, würden nach Auffassung des Verfassers keine grundsätzlich anderen Methoden und Verfahren zur Anwendung gelangen. Die Endergebnisse würden - sieht man von marginalen Unterschieden in der Behandlung von "Missing Values" oder bei sonstigen interpretierbaren Fragestellungen bei der Bearbeitung ab - wieder in gleicher Größenordnung und Qualität anfallen.
Mit diesen Feststellungen soll dargelegt werden, dass die genannten Gutachten für die Diskussion und Meinungsbildung in der Mediation eine durchaus zuverlässige und verwertbare Grundlage waren.
Frankfurt a. M., den 28.4.2000
Prof. Dr.-Ing. Heinrich Beder